Tipps und Tricks

Die Erblindung des Pferdes, ob ein- oder beidseitig bringt neue Herausforderungen im Alltag mit sich. Besteht aber die Vermutung, bzw. die Gefahr, dass eine vollständige Erblindung eintreten könnte, sollte auch schon bei der einseitigen Erblindung vieles erarbeitet werden, um es bei der späteren Umstellung und der neuen Situation einfacher zu haben. Dies beugt bei Pferd und Mensch Stress vor, verbessert die Kommunikation und Vertrauensbasis für die Zukunft.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um den Alltag des Pferdes zu erleichtern. Man sollte vieles ausprobieren, nichts ist unmöglich. Denn es kommt immer auf den Typ Pferd an, welche Dinge es besser umsetzen kann als andere. Der eine kann schneller lernen und sich Dinge selbst erarbeiten, der andere benötigt mehr Zeit und Unterstützung. Wichtig ist, dass man sich die Zeit und Ruhe nimmt, und gibt. Es geht nicht von heute auf morgen.

Vertrauensarbeit ist hier ein wichtiger Punkt. Die Umstellung in der neuen Situation wirkt sich bei jedem Pferd anders aus. Einige zeigen sich sehr unsicher.

Wortkommandos/Stimme

Sie unterstützen den Alltag sehr gut. Diese kann man richtungsweisend nutzen, um sein Pferd auch auf Distanz „lenken“ zu können.  Ferner kann man auf Hindernisse aufmerksam machen oder mit ihnen Dinge „zeigen“. Hilfreich sind solche Kommandos später auch im Gelände. Die üblichen Kommandos wie Stop oder Steh sind unerlässlich. Man kann nur staunen, wie viele Pferde die Hilfen sehr gut annehmen und auch Spaß an der Arbeit zeigen.

Man kann sie jederzeit anwenden und dem Pferd angewöhnen, z.B. schon auf dem Putzplatz, oder begleitend, damit das Pferd weiß, dass man z.B. einen Sattel/eine Decke auflegt.

Um einige Kommandos als Beispiel/Orientierungshilfe aufzuzeigen:
links – für leicht links
Links links – scharf links
das gleiche natürlich für rechts
Runter –  für bergab
Rauf – für bergauf
Langsam – bei z.B. unebenen abfallenden Böden
Aufpassen/ Vorsicht – bei allen Situationen, bei denen z. B. Die Hufe besonders gehoben werden müssen
Stop – sehr hilfreich für Notsituationen
Steh/ zurück/ komm vor/ hier
Step – um z. B. über eine Bodenstange zu steigen

Mit der Stimme arbeitet man ja allgemein bereits im Umgang mit dem Pferd. Man wird nur in der Umstellung merken, welch ein wichtiges Werkzeug die Stimmung von nun an sein wird. Je mehr man mit seinem Pferd in der Kommunikation ist, wird man feststellen, dass man schon mal aneckt, dass das Pferd macht was es möchtet, dass es einem nicht zuhört. Das kann schon mal zu Rückschlägen führen. Hiervon darf man sich aber nicht zurückwerfen lassen. Es gibt gute und schlechte Tage.

Versucht im Training (allgemein natürlich auch) leiser mit der Stimme zu werden. Das Pferd muss sich so stärker auf einen konzentrieren und fängt an zuzuhören. Ein darauffolgendes Lob gibt dem Pferd Erfolg und motiviert. Probiert es aus.

Tonsignale

Man kann aber auch mit Lauten oder Pfeiftönen arbeiten. Da sind keine Grenzen gesetzt. Es ist aber wichtig, dass die Kommandos immer gleich und nicht unterschiedlich gegeben werden. Gerade in der Übergangszeit und der neuen Situation gibt eine Kontinuität dem Pferd die Sicherheit, die es jetzt am meisten benötigt. Das greift natürlich auch wieder ineinander mit dem Punkt Vertrauen. Hier kann man nur wieder auf die Bodenarbeit verweisen. Ein sehr wichtiges Hilfsmittel. Viel Lob und eine positive Stimme motivieren zusätzlich.
Es gibt Pferde die durch ein solches Training auf einem eingezäunten Platz wieder die Möglichkeit haben frei zu laufen. Spaziergänge mit vielen unterschiedlichen Böden unterstützen auch die Trittsicherheit, die Balance, was wiederum Sicherheit gibt.

Körpergefühl/Balance/Training

Auch gibt es Pferde die in der neuen Situation ihr Körpergefühl und Balance verloren haben und unsicher sind. Wer noch nicht longiert, kann sich u.a. über die Bodenarbeit auch an das Longieren herantasten. Gute Hilfsmittel bei beiden Varianten sind entweder Körperbänder oder die Doppellonge. So erhält das Pferd eine Begrenzung des Körpers. Auch besteht die Möglichkeit mithilfe eines Halsrings zu longieren. So wird dem Pferd mehr Sicherheit gegeben, da es nicht ausschließlich am Kopf geführt, und so womöglich in den Zirkel hineingezogen wird. Wie alle Wege sprichwörtlich nach Rom führen, führen hier die Wege zum Sicherheitsgefühl des Pferdes.

Weitere Trainingsmöglichkeiten für Sicherheits- und Körpergefühl sind das Klickertraining und z.B. die Zirzensik. Auch sollte man schon bei der einseitigen Erblindung möglichst alles von beiden Seiten des Pferdes machen (führen, satteln, etc).
Man sollte nur Bedenken, dass sehbehinderte oder blinde Pferde in der Bewegung nicht mehr so freilegend sind wie andere. Vor dem Training muss das Pferd eventuell etwas mehr aufgewärmt werden. Auch sollte darauf geachtet werden, wie gut das Pferd die ersten Male Longieren verträgt. Einige neigen anfangs zu Schwindel.
Eine Gerte kann ein weiteres Hilfsmittel im Training sein. Diese kann genutzt werden, um dem Pferd seinen Weg zu zeigen, die Distanz zu halten und zu zeigen, wo man steht. Ein leichtes Antouchieren mit der Gertenspitze soll dem Pferd die Richtung weisen. In der Zirsensik arbeiten viele bereits so.

Verspannungen

Pferde die einen akuten Schub haben, bzw. einen hinter sich gebracht haben, neigen zu einer schiefen Kopfhaltung. Die schiefe Haltung kann durch Schmerz verursacht werden, bzw. vom Schmerz des vorausgegangenen Schubes noch zurückgeblieben sein, oder aber auch daher rühren, dass das Pferd den Kopf mehr neigt, um besser Geräusche aufzunehmen und sich besser orientieren zu können. Auch hier ist die Balance- und Sicherheitsarbeit wieder wichtig. Man kann aber auch mit Massagetechniken den Muskel unterstützen (bitte im Vorfeld entsprechend informieren). Wer sich hier weiterer Hilfe bedienen möchte, kann sich auch an einen Tierheilpraktiker oder Osteopathen wenden, der sich mit Massagetechniken auskennt oder  z.B. Amplivetbehandlungen anbietet.

Weidezeit = Horrorzeit? Die Sinne nutzen

Die Weidezeit bedeutet natürlich auch immer wieder(kehrende) Veränderung durch Weidewechsel und die damit verbundenen neuen Wege. Auch hier gibt es Einiges zur Hilfe. Das Pferd wird einen ausgezeichneten Hör- und Geruchssinn entwickeln, den man sich zu nutze machen kann. Weidezäune, Durchgänge, Tränken, Raufen etc können mit unterschiedlichen Dingen präpariert werden. Man sollte eventuell nicht alles gleich markieren, damit das Pferd auch die Unterschiede zur Orientierung hat.
Unterschiedliche Düfte, wie Duftbäume (z.B. die für Autos) können benutzt werden, um z.B. Zäune, Raufen oder Durchgänge zu markieren.
Für Geräuschmarkierungen kann man beispielsweise hölzerne Klangspiele nehmen, Flatterbänder, kleine Glöckchen (womit man auch Weidepartner markieren könnte, sofern diese es zulassen).
Man kann auch mit unterschiedlichen Böden arbeiten. Sand, Teppiche, Holzspäne, Bodenplatten, halt alles was sich als Pferdeboden eignet, aber einen Unterschied in der Erkennung bietet, können verwandt werden. Bei der Offenstallhaltung sollte nur darauf geachtet werden, dass die Gegenstände auch Feuchtigkeit aushalten müssen und dennoch Erkennung bieten. Auch kann man Holzstämmchen nutzen, um den Weidezaun zu markieren. Mit solchen Hilfsmitteln kann man das Pferd unterstützen, die innere Karte für ein gutes Zurechtfinden zu gestalten. Das kann dann so aussehen:

 

 

Eine neue Weide sollte nach Möglichkeit vor der Herde dem Pferd gezeigt werden. Hier kann man zusammen mit dem Pferd die Weide abgehen und z.B. mit einer Gerte Zäune, Durchgänge etc. anschlagen. Wenn die anderen Einstaller am Anfang des Wechsels mit Unterstützung bieten, in dem sie das Pferd immer mal mit zur Tränke nehmen, ist das eine tolle Hilfe.

Weidepartner

Sollte das Pferd die Herde noch kennenlernen müssen, sollte dies nach Möglichkeit im Vorfeld schon einmal mit den einzelnen Kollegen bekannt gemacht werden. Ein direktes Zusammenstellen mit der gesamten Herde kann zu Überforderung führen. Die Weide muss kennengelernt werden, außerdem besteht die Gefahr, je nach Einschränkung, direkt zum Rangniedrigsten degradiert zu werden. Auch wenn das Pferd letztendlich der Rangniedrigste der Gruppe sein sollte, so sollte dies auf einem stressfreieren Weg geschehen und die Gruppe nach und nach komplett zusammengeführt werden. So hat das Pferd die Möglichkeit sich seine Fluchtwege im Vorfeld zu erarbeiten.

Ist ein Kumpel in der Herde vorhanden, kann auch dieser zur Erleichterung mit einem Glöckchen in der Mähne o. Ä. versehen werden.

Haltung

Aufgrund der neuen Situation muss man auch in der Haltung die anderen Sinne ansprechen, also z. B. den Tastsinn der Hufe, das Gehör oder den Geruchssinn. Hier findet ihr ein tolles Video darüber.